Finanzielles Selbstvertrauen

 Ein Weg durch das Labyrinth

Im Vorfeld von Finanzentscheidungen ist die Frage nach der Vertrauenswürdigkeit von Bildungs- Coaching- und Beratungsangeboten zu klären. Finde heraus, welche Angebote am wenigsten interessengeleitet sind und stärke dein finanzielles Selbstvertrauen!

 

Die klassische Anlageberatung ist in der Regel eine Provisionsberatung. Das bedeutet, dass die Beratung selbst nichts kostet, was aber nicht heißt, dass sie umsonst ist. Denn beim Kauf von Finanzprodukten wird eine Provision fällig. Für den Verkäufer der Produkte (z.B. Banken, Versicherungsgesellschaften, anderweitige Anbieter) heißt das: Wer Finanzdienstleistungsprodukte, etwa einen Investmentfonds oder eine Versicherung an seine Kundschaft verkauft, erhält eine Vergütung des Produktanbieters.

 

Dadurch kommt die Anlageberatung in eine Schieflage und wird automatisch interessengeleitet. Dieses Problem besteht ebenfalls bei der sogenannten unabhängigen Finanzberatung, denn auch hier wird mit Provisionen Geld verdient. Und im Gegensatz zu den angestellten Berater:innen bei Finanzinstituten bekommen freie Beratende kein Festgehalt, sondern beruht ihr Geschäftsmodell ausschließlich auf Provisionserträgen.

 

Dennoch muss die Beratung nicht automatisch schlecht sein, denn oft sieht man sich zweimal im Leben und die Beratenden haben ja auch einen Ruf zu verlieren. Doch aufgepasst, es ist wichtig, sich im Vorfeld bereits selbst gut zu informieren, um Beratungsgespräche auf Augenhöhe zu führen. Sei dir der Tatsache bewusst, dass deine Finanzberaterin oder dein Vermögensberater gerne einen Abschluss tätigen möchte. Das ist der selten ausgewiesene Preis der kostenfreien Beratung.

 

Im Idealfall triffst du deine Anlageentscheidungen selbstbestimmt und eigenverantwortlich. Achte dabei auf folgende Kriterien:

  • Kostenseite der Produkte
  • Seriosität des Anbieters und des Produkts
  • Transparente Beschreibung der Angebote
  • Wahlmöglichkeiten von Seiten des Anbieters

 

Wobei der Zusammenhang zwischen Rendite und Risiko gerade in Niedrigzinszeiten gilt. Deshalb: Sei immer wachsam bei überzogenen Renditeversprechen!

Mehr Mut, wage frühzeitig einen Anfang!

Lass dich keinesfalls unter Zeitdruck setzen und prüfe bzw. vergleiche mehrere Angebote. Vor allem solltest du angesichts der Fülle der Informationen nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern einen Anfang wagen! In einer sehr aufschlussreichen Studie von ZEW und GFLEC wurde ermittelt, dass das Finanzwissen von Frauen besser ist, als sie es selbst vermuten! Darum ist es sehr wichtig, das eigene finanzielle Selbstvertrauen zu stärken, um zu besseren Finanzentscheidungen zu gelangen. Höchste Zeit also für mehr Zuversicht!

Foto: GFLEC

Es gibt inzwischen viele tolle, übersichtlich strukturierte und gut recherchierte Finanzportale, Finanzblogs. und Podcasts. Du kannst dir viele Basisinformationen bequem selbst erarbeiten. Doch Achtung, auch hier solltest du die unterschiedlichen Geschäftsmodelle kennen. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Hüte dich vor Portalen, die nicht mit offenen Karten spielen und ihre Vertriebsabsichten verschleiern. Am besten du klickst immer als Erstes ins Impressum. Bei den Blogs achte auf Transparenz und den Status der Betreiber:innen und Expert:innen.

 

Die Qualität und Seriosität von Finanzblogs und Finanzbildungsangeboten ist für Laien nicht immer auf den ersten Blick erkennbar. Schau lieber zweimal hin, welche Finanzierungsquellen der Blog hat, wie das Preis- Leistungsverhältnis von Bildungsangeboten ist, wie das Geschäftsmodell aufgebaut ist und wie transparent Kooperationen offengelegt werden. Hinweise können auch sein, welche Empfehlungen immer wieder gegeben werden, mit welchen Affiliate Links gearbeitet wird und ob es ungenannte Geldgeber gibt. Inzwischen gibt es unzählige Social Media Kanäle, die sich als Bildungs- oder Coachingangebote ausgeben, aber deren primäres Ziel der Produktverkauf ist, sei es über Roboadvisor oder sogar durch verschleierte Kooperationen mit Strukturvertrieben.

 

Bei den Verbraucherzentralen findest du qualitativ hochwertige Informationen und Musterbriefe. Und sie bieten gegen Entgelt unabhängige Beratungsgespräche an. Auch die Stiftung Warentest und Finanztest stellen produktneutrale und fachkundig aufbereitete Informationen zur Verfügung. Eine hilfreicher Verbraucherratgeber ist auch das Onlineportal Finanztip.

Wer berät und mit welchem Ziel?

Führe dir die Entlohnungsstruktur im freien Finanzdienstleistungssektor vor Augen. Zwar besteht keine direkte bzw. eine geringere Abhängigkeit von den Produktvorgaben einzelner Institute, doch kann – so lange auf Provisionsbasis beraten wird – kaum von objektiver bzw. neutraler Beratung gesprochen werden.

 

Das Gegenmodell zu

  • Provisionen
  • Interessenkonflikten
  • mangelnder Transparenz
  • versteckten Kosten

 

... ist die Honorarberatung. Hier zahlst du ein zuvor vereinbartes Beratungshonorar. Die Beratenden erhalten keine Provisionsvergütung der Produkteanbieter, sondern weisen diese aus und geben sie an ihre Kundschaft weiter.

 

ABER ACHTUNG: Auch hier gibt es schwarze Schafe. Die Verbraucherzentralen schätzen, dass rund 80 Prozent der Honorarberater:innen gleichzeitig eine Zulassung als Versicherungsmakler mit Provision haben. Die Gütesiegel der einzelnen Beratungsformen sind oft nicht rechtlich geschützt.

 

Die Verbraucherzentralen haben eine Warnliste Geldanlage zum Schutz vor unseriöser Beratung zusammengestellt.

 

Es führt kein Weg daran vorbei, dass gute Beratung ihren Preis hat. Auf dem Forum Wege in eine neue Sparkultur des Beratungsdienstes Geld und Haushalt resümierte der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Hackethal: »Gute Beratung zu erkennen, ist noch immer zu kompliziert. Wenn ich das herausfinden muss, kann ich mich schon fast selbst beraten. Das ist ein Dilemma.«

 

Dass Frauen sich in Beratungsgesprächen nicht richtig abgeholt fühlen und Finanzthemen auf die lange Bank schieben, ist in der finanziellen Bildung und Präventionsarbeit hinreichend bekannt. Der Finanzjargon und die Inhalte der Finanzindustrie wirken abschreckend. Die Zahlen der digitalen Investmentplattform Ellevest sprechen für sich:

Werde selbst aktiv!

Klarheit über die eigene finanzielle Lebensplanung zu haben, macht das Leben leichter. Wenn dein Umgang mit Geld so richtig gelassen ist, können dir auch Krisensituationen weniger anhaben. Finanzwissen ist ein essenzieller Baustein von wirtschaftlicher Unabhängigkeit und auch persönlicher Entwicklung. Wir müssen lernen, Geld positiver zu sehen. Finanzielles Know-How unterstützt dich zugleich bei der Entfaltung deines eigenen Potentials und ist die Basis einer ganzheitlichen Selbstverwirklichung.

 

Erschaffe dir Freiheiten für deine Herzensthemen und nimm dir Zeit für deine Finanzstrategien! Vieles kannst du in Eigenregie umsetzen, etwa automatisiertes Sparen mit Investmentfondssparplänen. Bestimme zunächst deine Ziele und dein Risikoprofil und suche dir anschließend entsprechende Investmentfonds, wie Aktienfonds und ETFs (Exchange Traded Funds) heraus. ETFs sind börsengehandelte Indexfonds mit breiter Risikostreuung. Da sie kein aktives Fondsmanagement der Fondsgesellschaft benötigen, sondern nur den zugrunde liegenden Wertpapierindex abbilden, haben sie ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis.

 

Im Vorfeld von größeren Anlageentscheidungen solltest du sich gut informieren, um Interessenkonflikte zu erkennen und die Qualität des Beratungsgesprächs einschätzen zu können. Eine zweite Meinung einzuholen, kann nicht schaden. Vermeintliche Insidertipps oder Empfehlungen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis sind hingegen mit Vorsicht zu genießen.

Finanzwissen + Selbstvertrauen = Finanzkompetenz

Du wirst es sehr schätzen, deine Finanz- und Vermögensplanung in die eigenen Hände zu nehmen, mehr und mehr Sicherheit und Kontrolle zu gewinnen und Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen übernehmen zu können.

 

Wenn du sich schlau gemacht hast, die Geschäftsmodelle der Institute, Produktanbieter, Coachings- und Bildungsanbieter:innen und das Labyrinth der Finanzdienstleistungsprodukte durchschaust und überblickst, kannst du es anschließend getrost deinem Bauchgefühl überlassen, welcher Beratung du Vertrauen schenken möchtet – und auch, welchem Bildungsangebot.

 

Stärke dein finanzielles Selbstvertrauen und leg' los!

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