Gelderziehung in der Familie

Gesunder Umgang mit Geld

Aufs Elternsein werden wir kaum vorbereitet. Oft schaffen wir uns dieses »Spezialwissen« rund ums Kind im Austausch mit guten Freund:innen, learning by doing oder durch Ratgeber an. Die meisten Eltern wünschen sich, dass ihr Kind ein gesundes Verhältnis zum Geld entwickelt. Es soll den Wert des Geldes schätzen lernen, sich langfristige Ziele setzen, auch einmal verzichten und dennoch die Fülle des Lebens genießen können. Doch, wie zeigt man den Kindern einen gesunden Umgang mit Geld?

Foto: Stadt Aschaffenburg. Vortragsreihe Geld im Familienalltag

Geldbotschaften: Was denkst Du über Geld?

 

Der Umgang mit Geld ist eng mit unserer Identität und unseren persönlichen Werten verknüpft. Aus diesem Grund geben Eltern in der Geldsozialisation nicht nur praktisches Finanzwissen an die Kinder weiter, sondern übermitteln auch Sprüche, Empfehlungen und implizites Wissen. Diese sogenannten Geldbotschaften transportieren sowohl ihre individuelle Haltung, als auch gesellschaftliche Normen.

 

Sie sollten zum tatsächlichen Handeln der Eltern passen – denn Kinder sind gute Beobachter und ziehen oft kluge Schlussfolgerungen. Das bedeutet: Kinder saugen alles auf wie ein Schwamm. Auch das, was wir über Geld denken, fühlen und nicht sagen. Deshalb ist es wichtig, sich als Eltern selbst darüber bewusst zu sein, welche eigenen Geldbotschaften man vermittelt bekommen hat, oder durch das eigene Verhalten weitergibt.

 

Gelderziehung ist auch Werteerziehung

 

Geldeinstellungen sind oft Lebenseinstellungen. Daher zählt auch die Geld-, Konsum- und Finanzerziehung zu den Elternkompetenzen. Zur Gelderziehung zählen ganz praktische Alltagskompetenzen: etwa die Finanz- und Budgetplanung im Alltag, Verbraucherwissen beim Einkaufen, der Umgang mit Ressourcen oder nachhaltige Haushaltsführung.

 

Kinder lernen den Umgang mit Geld über verschiedene Wege:

  •     Erziehung und Vorbildfunktion der Eltern
  •     Eigene Erfahrungen
  •     Prägungen durch Gruppen
  •     Schulische Sozialisation
  •     Mediale und soziokulturelle Einflüsse

 

Da finanzielle Bildung in Deutschland noch nicht institutionalisiert vermittelt wird, ist eine zielgerichtete Finanzerziehung in Familien umso wichtiger. Wer zuhause etwas über Geld, Budgetplanung und Risiken von Finanzprodukten, z.B. Kreditformen lernt, ist eher gewappnet, den Verlockungen der Konsumgesellschaft zu widerstehen. Hinzu kommen psychologische Faktoren, die als Schutzmechanismen wirken, wie ein stabiles Selbstbild und die Fähigkeit zum Belohnungsaufschub. Diese wurde vom US-amerikanischen Psychologen Walter Mischel im berühmten »Marshmallow-Test«, einem Experiment zur Messung der Selbstkontrolle von Kindern analysiert. Wie lange Kinder warten können, um eine Belohnung zu erhalten, wurde in der Langzeitstudie in Zusammenhang mit Disziplin, Impulskontrolle und späterem Erfolg gesehen.

 

Von den Eltern vermittelte Werte und Normen prägen den Umgang mit Geld. Eine verantwortungsbewusste Geldeinstellung, Selbstvertrauen, Selbstkontrolle und ein positives Selbstbild können vor Verschuldung schützen.

 

Rolemodel sein

 

Sprichst Du vor und mit Deinem Kind über Geld? Wenn ja, scheinst Du Wert auf eine gute Finanzerziehung zu legen. Wenn nein, kann es sein, dass Du es für zu früh hältst, Dein Kind nicht mit dem Thema Geld überfordern möchtest oder vielleicht eine eher zwiespältige Beziehung zu Geld hast. Die Geld- und Konsumeinstellungen werden sehr früh in der Kindheit verankert. Ähnlich wie Persönlichkeitsanteile weisen unsere Einstellungen zu Geld einen über die Zeit stabilen Zustand auf. Das bedeutet, sie sind später nicht so einfach zu verändern. Daher ist es wichtig, sich die eigene Vorbildfunktion klarzumachen und frühzeitig Weichen für einen bewussten Umgang mit Geld zu stellen. Denn natürlich können sich Kinder auch ungünstiges Verhalten der Eltern abschauen.

 

Unsere Rolle als Vorbilder prägt die Kinder aber stärker als zielgerichtete verbale Botschaften. Das Problem mit den Geldbotschaften ist nämlich, dass sie nicht selten ambivalente Inhalte transportieren. Eltern können beispielsweise postmaterialistische Werte bei ihren Kindern vertreten und größere Wünsche für den Geburtstag oder für besondere Anlässe und Feste aufsparen. Doch freilich sind Kinder gute Detektive für Doppeldeutigkeiten. Sie beobachten unser Geldverhalten sehr genau. Wenn Eltern sich dann »zwischendurch« etwas Neues anschaffen, sind die Kinder oft die Ersten, die uns darauf hinweisen, dass kein Weihnachten oder Geburtstag ist ;)

 

Finanziellen Grenzen

 

Fällt die Gelderziehung sehr großzügig aus, lernen Kinder es nicht, sich ihr Geld gut einzuteilen. Wenn Eltern es sich leisten können, lassen sie ihre Kinder gerne an den finanziellen Ressourcen teilhaben. Dennoch sollten wir auf finanzielle Grenzen und »künstliche Verknappung« achten. In meiner Berufspraxis habe ich gesehen, was passieren kann, wenn Eltern keine finanziellen Grenzen setzen. Ökonomische Transfers durch die Eltern, etwa Unterstützung bei den Lebenshaltungskosten oder der Stromrechnung, sind keine Seltenheit. Das SZ-Magazin sprach gar von einer »Generation Stütze«: Rund dreißig Prozent der Eltern leisten regelmäßig Geldtransfers an ihre erwachsenen Kinder.

 

Marketingmechanismen

 

Wichtig ist es auch, sich die Marketingmechanismen der Spielwaren- und Konsumgüterindustrie bewusst zu machen. Schon sehr kleine Kinder sind den Einflüssen der Werbung ausgesetzt. Sobald sie ein Tablet in der Hand haben, sind sie bei kostenlosen Spiele-Apps damit konfrontiert. Die Industrie setzt alles daran, immer neue Konsumwünsche in Kindern und Jugendlichen auszulösen und umwirbt sie als eigene Zielgruppe. Denn die Präferenz für bestimmte Marken wird bereits ab dem Alter von vier bis fünf Jahren gelegt und bleibt oft ein Leben lang bestehen. Sicher könnten viele von uns die eigenen Lieblingsprodukte im Schlaf erkennen und unterscheiden. Als Eltern sind wir also gefordert, ein Bewusstsein für finanzielle Zusammenhänge zu schaffen, über Marketingtricks und Geldfallen aufzuklären und finanzielle Grenzen zu setzen.

 

Wir können die Kinder nicht vor der Konsumgesellschaft »abschotten« oder bewahren, aber mit ihnen über die Folgen von Überkonsum, Verschuldung und materialistisch geprägte Einstellungen reden. Und natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Dazu ist es wichtig, die eigenen Verhaltensmuster und Einstellungen zum Geld zu kennen und zu hinterfragen. Denn wie sollen wir ein Vorbild für unsere Kinder sein, wenn wir diese nie selbst reflektiert haben?


Geld und das gute Leben

 

Die Gelderziehung ist ein sehr spannendes Feld. Neben der Grundfrage »Wie sichern wir unsere Existenz« kommen unsere persönlichen Werte ins Spiel: Welche Familie möchten wir sein? Wie prägen wir gute Erinnerungen für unsere Kinder? Welche Sinnquellen stehen uns zur Verfügung? Du kannst zum Beispiel mit deinem Kind oder deinen Kindern wunderbar darüber philosophieren, was überhaupt der Sinn von Arbeit und Konsum in der Leistungsgesellschaft ist.

 

Ein bewusster Umgang mit den Finanzen ist wie ein Muskel, den wir jeden Tag trainieren können – und vielleicht laden uns unsere Kinder auch dazu ein, selbst noch einmal gründlich über den eigenen Umgang mit Geld nachzudenken und, wie bei so vielen Dingen im Leben, gemeinsam mit ihnen zu lernen.

 

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